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Einigung zum Polizeigesetz enttäuschend

Die Jusos Sachsen reagieren enttäuscht auf die von SPD und CDU verkündete Einigung zum neuen Polizeigesetz in Sachsen. Der Koalitionsausschuss der schwarz-roten Koalition hatte am Dienstag einem Kompromiss zugestimmt, der gegenüber dem Regierungsentwurf fast unverändert ist. Somit soll es in Sachsen u.a. zu einer deutlichen Ausweitung der Videoüberwachung, dem verstärkten Einsatz von Kennzeichenerfassung und der Einrichtung von bis zu 48 Stunden geheim gehaltenen Kontrollbereichen kommen. Eine wirklich unabhängige Beschwerdestelle abseits des Innenministeriums oder die Einführung einer Kennzeichnungspflicht sind im Kompromiss hingegen nicht vorgesehen.

Dazu erklärt Stefan Engel, Landesvorsitzender der Jusos Sachsen:

“Diese Einigung ist eine Enttäuschung. Zwar konnte die SPD noch weitergehende Überwachungsphantasien wie die Online-Durchsuchung oder die Quellen-Telekommunikationsüberwachung verhindern. Das ändert nichts daran, dass dieses Gesetz die Grenze des Zumutbaren überschreitet. Bürgerrechte werden deutlich eingeschränkt und ein unklarer Gefahrenbegriff sorgt für einigen Interpretationsspielraum. Wir kommen der Schreckensvision des gläsernen Bürgers in Sachsen nun einige Schritte näher. Vertrauensbildende Maßnahmen wie eine Kennzeichnungspflicht oder eine wirklich unabhängige Beschwerdestelle sind schon lange überfällig. Die Borniertheit der CDU in diesen Fragen ist wirklich erschreckend.”

Die Jusos Sachsen hatten beim Landesparteitag der SPD Sachsen im Oktober in einem entsprechenden Antrag durchgesetzt, dass sich die SPD für diverse Verbesserungen am Gesetzentwurf des Kabinetts einsetzen soll. [1] Juso-Landeschef Engel sieht dahingehend keine Fortschritte:

“In keinem der benannten Punkte konnten spürbare Verbesserungen erreicht werden. Warum es nun eine Einigung auf Teufel komm raus geben musste, ist für mich unklar. Andere im Koalitionsvertrag vereinbarte Projekte wie z.B. das von der SPD geforderte Vergabegesetz oder Gleichstellungsgesetz liegen schon längere Zeit auf Eis.”

Mit Blick auf die Landtagswahl im September sieht Engel immer weniger Gemeinsamkeiten mit der CDU:

“Mit dieser CDU sind die inhaltlichen Gemeinsamkeiten weitestgehend verbraucht. Es muss Anspruch der SPD sein, auch unabhängig vom jetzigen Koalitionspartner Mehrheiten zu suchen. Dieses Ziel aufzugeben, wäre ein fatales Signal an alle Menschen in Sachsen, die sich einen wirklich progressiveren Freistaat wünschen.”

Die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD (kurz Jusos) sind mit 1.700 Mitgliedern der größte politische Jugendverband Sachsens. Zugleich ist jedes dritte Mitglied der SPD Sachsen Juso.

[1]: Beschluss des Landesparteitags am 27./28. Oktober 2018 [Auszug]:

Sicherer ‚Frei‘-Staat Sachsen – Empfehlungen der Expertenkommission Innere Sicherheit der SPD Sachsen umsetzen

“Wir begrüßen daher, dass sich die SPD im vom Kabinett beschlossenen Gesetzesentwurf mit ihrer ablehnenden Haltung zur Quellen-TKÜ, zur Online-Durchsuchung und zum Einsatz von Body-Cams durchsetzen konnte. Darüber hinaus fordern wir die SPD-Landtagsfraktion auf, sich im weiteren parlamentarischen Verfahren für folgende Korrekturen am Gesetzentwurf einzusetzen:

• Einführung einer alphanumerischen Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen

• kritische Überprüfung des sehr weitgehenden Gefahrenbegriffes

• keine Verwendung von elektronischen Fußfesseln zur präventiven Überwachung

• Verzicht auf die Ausweitung von Videoüberwachung und Gesichtserkennung sowie die kritische Überprüfung der geplanten Sonderregelungen für den grenznahen Raum

• Etablierung einer wirklich unabhängigen Beschwerdestelle mit eigenen Ermittlungskompetenzen, die nicht bei der Polizei oder dem SMI angegliedert ist

• keine Aufweichung des Schutzes von Berufsgeheimnisträgerinnen wie Journalistinnen, Psychotherapeuthinnen und Ärzt*innen”

https://antraege.spd-sachsen.de/app/uploads/pdf//K/K-05-Sicherer-%E2%80%9AFrei%E2%80%98-Staat-Sachsen-%E2%80%93-Empfehlungen-der-Expertenkommission-Innere-Sicherheit-der-SPD-Sachsen-umsetzen_decision.pdf