Beim diesjährigen Bundeskongress der Jusos in Bremen wurde unser Antrag zum Straftatbestand der Staatsbeleidigung angenommen.
Wir fordern, den § 90 StGB (Verunglimpfung des Bundespräsidenten) und alle Tatbestandsmerkmale in §§ 90a, 90 b StGB, die sich nicht auf Handlungen beziehen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die Verfassungsgrundsätze richten, ersatzlos zu streichen.
Wir finden: Ein starker Staat braucht kein Beleidigungsverbot, um sich zu schützen, sondern aktive Demokratinnen und Demokraten, die für ihn eintreten.
Das bedeutet, dass staatliche Behörden in Zukunft Meinungsäußerungen wie “Deutschland du mieses Stück Scheiße” aushalten müssen. Fakt ist: Seit Jahren wurde keine Person aufgrund des § 90a StGB verurteilt. Im Gegenteil haben diesbezüglich erlassene polizeilichen Maßnahmen vor Gericht kein Bestand, da die Meinungsfreiheit einzelner Personen oder Gruppen stets als über der Verunglimpfung oder Beleidigung des Staates stehend beurteilt wurde.
Das Handeln der an öffentlichen Versammlungen beteiligten staatlichen Institutionen hat sich dadurch leider nicht geändert. Nach wie vor wird der § 90a StGB als polizeilicher Anfangsverdacht genutzt, um gegen Versammlungen vorzugehen. In der Folge zwei Beispiele:
– 3. Juli 2015. Die Gruppe TOP B3rlin präsentiert bei einer Demo gegen die europäische Sparpolitik ein Banner mit dem Spruch „Deutschland du mieses Stück Scheiße“. Die Polizei beschlagnahmte es. Begründet wurde das mit dem § 90a im StGB. Das angesprochene Banner stelle eine Verunglimpfung des Staates dar.
– 3. Juni 2014. Die Berliner Feuerwehr entfernt im Auftrag der Polizei ein Wandbild aufgrund des Satzes “NSU: Staat & Nazis Hand in Hand”. Begründung: § 90a StGB.
In beiden Beispielen wurde das Handeln der Polizei später für rechtswidrig erklärt, das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten eingestellt.
Wie von der Rechtssprechung bestätigt, gefährdet keine der genannten Äußerungen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, die Funktionsfähigkeit seiner staatlichen Einrichtungen oder die Friedlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Wir bezweifeln im Übrigen, dass das bloße Verbot einer Meinungsäußerung überhaupt dazu dienen kann den Bestand des Staates zu schützen. Dazu sind aktive Maßnahmen der politischen Bildung viel nötiger.
Zum Wesen eines demokratischen Rechtsstaates gehört es auch kritisiert werden zu können und nicht, sich durch Repression gegenüber solcher Kritik immun machen zu wollen. Dass dies auch polemisch und zugespitzt erfolgen kann und darf ist Ausdruck unserer freien und demokratischen Gesellschaft. Unsere Justiz hat dies schon lange verstanden, es ist Zeit auch die gesetzliche Realität dem anzupassen.
Wir sind daher sicher, dass jene, die ihre Argumente sachlich prüfen, statt in bloße Polemik zu verfallen, erkennen werden, dass es uns nicht darum geht fortan stetig Deutschland oder den Bundespräsidenten zu beleidigen. Es geht darum die Freiheit zu verteidigen es tun zu können, um eine politische Meinung zugespitzt zu äußern.