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Bundesparteitag der SPD – Neuanfang schaut anders aus

Unser Landesvorsitzender Stefan Engel war Mitte April als einer von sieben sächsischen Delegierten beim SPD-Bundesparteitag in Wiesbaden, wo u.a. auch Andrea Nahles zur neuen Parteivorsitzenden gewählt wurde. Stefans kurzen (und sehr ernüchternden) persönlichen Bericht könnt ihr hier nachlesen:

In Wiesbaden regiert die Hasenfüßigkeit – Beitrag von Stefan Engel

Eigentlich war doch am Ende alles wie immer: Eine Antragskommission gibt den Takt vor, relevante Debatten werden nicht auf dem Parteitag geführt und die Parteispitze wirft einiges in die Schale, um echte programmatische Änderungen zu verhindern. Wer bei diesem Parteitag echte Signale der Erneuerung erhofft hatte, muss enttäuscht sein. Und eine Mehrheit der Delegierten hat die Möglichkeit nicht genutzt, dem zu widersprechen.

Ein Fenster für ein Nein zur Schwarzen Null war da, eine überlegte Distanzierung zu Elementen des Hartz IV-Regimes wie der Sanktionspraxis wäre möglich gewesen und auch einen armutsfesten und ausnahmslosen Mindestlohn hätte der Bundesparteitag beschließen können. Leider wurden die Juso-Änderungsantrage nach eindringlichem Appell von Malu Dreyer in üblicher 40/60-Manier abgelehnt. Es ist und bleibt absurd, gerade bei solch prominenten Themen eine ehrliche Debatte auf Parteitagen immer wieder zu verweigern. Immer wieder wird vertagt und beschwichtigt, nie wird es geklärt. Das ist hasenfüßig und mutlos.

Ebenso mutlos ist es, nichts an den gehabten Verfahren zu ändern. Wieder werden viele dutzend Anträge der Gliederungen mit einem Federstrich ins Nirwana verwiesen. Ein 15-seitiger Leitantrag hingegen liegt erst sechs Tage vor dem Parteitag überhaupt vor, die endgültige Fassung erst als Tischvorlage. Sollte #spderneuern nicht gerade bedeuten, mehr Zeit für offene Debatten an der Basis zu haben? So wird das nix.

Achso, und dann wurde ja noch eine neue Parteivorsitzende gewählt. Es ist wirklich großartig, dass den Job erstmals eine Frau übernimmt. Und es ist großartig, dass es eine Auswahl gab. Inhaltlich gesehen habe ich mich aber in keiner der beiden Reden wiedergefunden. Die eine strotzte vor (durchaus linken) Allgemeinheiten und konnte mir nicht wirklich den Eindruck vermitteln, dass sie die Partei wirklich führen kann. Die andere war rhetorisch besser, konnte mir aber auch nicht recht erklären, wie die SPD gerade in einer Regierung ihr fundamentales Glaubwürdigkeitsproblem beseitigen kann. Da blieb mir nichts anderes übrig, als wie 37 andere Delegierte auch, zum unbeliebten Mittel der Enthaltung zu greifen.

Bleibt zu hoffen, dass zumindest im Erneuerungsprozess die eine oder andere der beschriebenen Baustellen bis Ende 2019 angegangen wird. Das wird harte Arbeit, denn offenbar wollen einige das ‘alte Haus SPD’ neu anstreichen und bisschen digitaler machen, die Innensanierung vom Keller bis zum Dach wird aber vergessen. Das darf man denen aber keinesfalls durchgehen lassen. Sonst bricht das gute alte Haus irgendwann einfach zusammen.